Heute stelle ich hier eine kleine Geschichte ein, die ich für die Arbeit geschrieben habe:
(Foto: U. Ebert)
Esel
Ich glaube, Jesus hat Esel wirklich sehr gerne gehabt. Noch ungeboren trug ihn – und seine Mutter Maria – ein Esel auf seinem ersten Weg, nach Bethlehem, und wachte dann zusammen mit einem Ochsen nach seiner Geburt über seinen Schlaf. Und auch seinen letzten Weg auf dieser Erde begann Jesus auf einem Esel reitend. Er schickte extra seine Freunde los, einen ganz bestimmten jungen Esel zu holen, auf dem er dann nach Jerusalem einritt. Und die Leute legten ihm Mäntel und Palmzweige auf den Weg und jubelten!
Also, ich kann mir wirklich gut vorstellen, dass Jesus Esel sehr gerne hatte.
Obwohl, auf den ersten Blick sind Esel ja nicht wirklich schöne Tiere. Sie haben jedenfalls nicht die Eleganz eines Pferdes. Sie sind eher unproportioniert, mit ihrem schmalen Rücken, dem kurzen, struppigen Schwanz und den dünnen Beinen.
Und erst der Kopf! Sie haben einen so großen Kopf, der gar nicht zu ihrem Körper passen will, mit Ohren, die auch an einem doppelt so großen Tier noch auffallen würden.
Aber wisst ihr eigentlich, warum Esel einen so großen Kopf haben? Esel denken so viel nach! Sie machen sich so viele Gedanken über alles, was ihnen begegnet! Und sie haben schon soo viel gesehen…. Manchmal gehen ihre Gedanken geradezu ins Philosophische. Dann müssen sie einen Moment stehen bleiben und ihren Gedanken zu Ende denken, damit ihnen die Erkenntnis oder die Lösung nicht verloren geht. Der Mensch vermutet dann, dass der Esel einfach nur störrisch und verstockt ist und seine Arbeit nicht tun will. Aber das stimmt nicht! Esel sind sehr bereitwillig und geduldig, was man von ihren Menschen gewiss nicht immer behaupten kann. Dabei bräuchte der Mensch doch nur einmal in die sanften Augen eines Esels zu blicken und er würde sofort die Liebe und die Weisheit eines Esels erkennen!
Auch die großen Ohren haben eine besondere Bewandtnis. Habt ihr es mal beobachtet, dass der Esel seine Ohren in alle Richtungen drehen und wenden kann? Man muss fast an eine dieser riesigen Parabolantennen denken, die so hochtechnisch genau gebaut sind, dass sie auch noch aus dem fernsten All Signale empfangen können. Und der Gedanke ist gar nicht so falsch. Esel haben nämlich diese besonderen Ohren, damit sie auch noch die Zwischentöne gut hören können. Denn es ist beim Zuhören und Nachdenken sehr wichtig, dass einem diese versteckten Botschaften nicht entgehen. Für so ein feines Gehör ist es natürlich schrecklich, wenn jemand versucht, seinen Esel mit lautem Geschrei und hässlichen Worten anzutreiben. Dann muss der Esel seine Ohren ganz eng anlegen und den Kopf senken, bis alles wieder vorbei ist. Nur jemand, der das nicht weiß und die Bedeutung der Zwischentöne nicht kennt, hält einen Esel dann für störrisch.
Wenn man aber um all diese Dinge weiß und verständig mit seinem Esel umgeht, dann wird der Esel geduldig und willig auch schwerste Lasten tragen. Und dabei ist er auch noch sehr genügsam. Er isst sogar Disteln!
Wer also einmal genau hingesehen hat und seinen eigenen Kopf auch zum Nachdenken und seine eigenen Ohren auch zum Zuhören benutzt hat, der sieht, was für ein wunderschönes Tier ein Esel eigentlich ist! Und der wird den Namen eines Esels nicht mehr als Schimpfwort verwenden wollen, wenn ihn ein anderer geärgert hat.
Damit mir das auch nicht mehr passiert, habe ich einen kleinen Esel eingeladen, es sich bei mir auf dem Schreibtisch bequem zu machen. Denn ich glaube fest, dass Jesus Esel sehr gern hatte!